Was ist ein Gentledom, was macht er, was erwartet er von mir?

Der interessante Mann von der Kontaktbörse schrieb mir, er sei ein Gentledom. Was erwartet mich da genau, falls ich mich auf ihn einlasse?

Ein Gentledom ist ein dominanter Gentleman

Hi liebe Beatrice,
ich habe gesehen, dass du grade einen Beitrag zum Thema „dominant“ veröffentlicht hast («Meine Frau will, dass ich dominanter bin»), daher möchte ich dich auch dazu befragen, wenn auch in einer anderen Richtung. Neulich habe ich im Internet auf einer Singlebörse, die von vielen auch als Plattform für erotische Kontakte genutzt wird, einen interessanten Mann kennen gelernt, der mir gestern schrieb, dass er ein „Gentledom“ sei. Hab´s natürlich gegoogelt, aber finde widersprüchliche Definitionen und Auslegungen. Im Netz findet man recht viel zu, aber gerade das macht mich stutzig. Wenn es so viele Gentledoms gibt, was wäre dann deren gemeinsame Basis? Und wird dann einem Ideal nachgeeifert oder gibt man sich einen schönen Anstrich, ohne wirklich echt zu sein? Klar ist nur, dass so jemand wohl sexuell dominant ist. Aber ist damit wirklich BDSM-Sex gemeint? Ich meine, ich könnte mir zwar vorstellen, dass er halt im Bett dominant ist im Sinne von, dass er das Ruder in der Hand hat und bestimmt, was gemacht wird, und damit hätte ich auch kein Problem, auch nicht mit Fesseln oder Handschellen anlegen, aber ich bin eben keine Anhängerin des vollen SM-Programms.

Ich habe diesen Mann noch nicht getroffen, er will jetzt unbedingt ein Date mit mir. Was erwartet mich und was erwartet er von mir, falls ich mich auf ihn einlasse??
Danke für deine Antwort
Annalena (27)

Liebe Annalena,
der Begriff „Gentledom“ ist ja eine Kombination aus „Gentleman“ und „Dom“ / „dominant“, wie du es dir sicher auch schon gedacht hast.
In dem Fall ist tatsächlich der Dom gemeint, wie er in der BDSM-Szene genannt wird, und nicht einfach nur ein dominanter (im Sinne von „bestimmender“) Mann. Sprich, er steht beim Sex drauf, dass du dich ihm körperlich und emotional unterwirfst, und es erregt ihn auszutesten, inwieweit er dich unterwerfen kann. Vielleicht steht er zusätzlich auch im Alltag drauf und testet es auch hier aus, vielleicht auch nicht.
Manche meinen, ein Gentledom sei einer, der im Alltag ein Gentleman ist und nur im Sexuellen ein Dom, und auch hier „gentle“ (= sanft), manche meinen, er kann in beiden Bereichen ein Dom sein, aber eben immer in Richtung Gentleman, also rücksichtsvoll auf die Frau achtend und auf die Grenzen, die sie zeigt. (Und das wäre dann die „gemeinsame Basis“, nach der du gefragt hast.)

Du fragtest auch: «Und wird dann einem Ideal nachgeeifert oder gibt man sich einen schönen Anstrich, ohne wirklich echt zu sein?»
Das kann ich nicht mit Sicherheit beantworten, da ich nicht in der Szene unterwegs bin. Was ich aber weiß, ist, dass Dom-Sein nicht automatisch damit verbunden ist, dass man Frauen als geringer betrachtet als sich selbst und sie deswegen schlecht behandelt und erniedrigt. Solche Doms kommen zwar auch vor, aber sie sind m.E. nicht die Regel. Und dass dem Ideal nachgeeifert wird, Frauen respektvoll zu behandeln, ist ja zu begrüßen, nicht wahr?
Hast du Angst, dass dein Date-Typ sich nur einen schönen Anstrich gibt, aber dann, wenn du ihm ausgeliefert bist, sein wahres sadistisches Gesicht zeigt? Falls ja, rate ich dir: Geh für die ersten paar Male Sex nicht mit zu ihm, mach es bei dir; und lass dich nicht fesseln oder festbinden. Nach ein paar Malen wirst du schon ein Gefühl dafür haben, ob du dich ihm ausliefern kannst oder lieber nicht.

Was dich erwartet oder was er erwartet, falls du dich auf ihn einlässt, kann ich dir auch nicht genau sagen, da das von Dom zu Dom und natürlich auch von Sub zu Sub sehr unterschiedlich ist („Sub“ ist das Kurzwort für die Person, die sich beim BDSM unterwirft) und sich meist erst im Zusammenspiel der beiden entwickelt. Es wird auf jeden Fall nicht nur aus „Fesseln oder Handschellen anlegen“ bestehen! Entscheidend sind ja nicht die Utensilien, sondern das, was sich im Spiel mit Macht und Unterwerfung usw. ergibt. Es kann z.B. sein, dass er kaum Utensilien braucht und auch gar nicht so besonders auf „Schmerz-zufügen“ steht, sondern darauf, deinen Gehorsam und deine absolute Hingabe zu erreichen, indem er sich alles Mögliche ausdenkt, was du tun sollst (also Dinge, die du von allein nie tun würdest) oder auch nicht tun darfst – dies aber immer unter der Vorgabe, dass du auch nein sagen kannst.

Mein Rat: Falls dich so etwas überhaupt nicht reizt, dann brich den Kontakt ab – denn er wird sein Dom-Sein nicht für dich ablegen.
Falls es dich aber doch reizt, dann triff ihn auf neutralem Terrain (z.B. in einem Lokal) und checke erst mal, ob es zwischen euch beiden überhaupt eine körperliche und gefühlsmäßige Anziehung gibt. Falls es diese gibt, solltest du ihn offen und unverblümt fragen, wie er seine Gentledom-Seite denn gern mit dir ausleben würde, und so lange nachhaken, bis deine Fragen beantwortet sind.

Bitte schau dir zu dem Thema auch die Texte an, die ich unten zu den „Verwandten Beiträgen“ reingetan habe!

Herzlichst
Beatrice Poschenrieder


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