Seit 8 Jahren nimmt er mich täglich her, obwohl es mir weh tut: “aus Liebe”, sagt er

Mein Mann hat dauernd Lust auf mich und holt sich seinen Sex von mir. Ich habe nur Schmerzen dabei und entwickle immer mehr Widerwillen

Ich muss jeden Tag mit ihm schlafen (Sex haben), obwohl ich dabei Schmerzen habe. Bin passiv und Opfer

Liebe Beatrice,
ich weiß nicht, wie ich anfangen soll, dir meinen Leidensweg zu erzählen… Ich bin 29 Jahre, Mutter von drei Kindern und 8 Jahre mit meinem Mann verheiratet. In letzter Zeit kann ich seine Nähe kaum ertragen. Es ist so: seit wir uns kennen, habe ich Schmerzen beim Sex. Als wäre das nicht schon schlimm genug, ist mein Mann auch noch gut bestückt und beschnitten. Und dann noch seine ständige Lust, sobald er mich sieht! Ich brauche überhaupt nichts zu machen, mein Mann fliegt auf mich.
Eigentlich müsste ich die glücklichste Frau der Welt sein. Bin ich aber nicht, weil er es (Sex) immer macht, ob ich will oder nicht. Ich muss wollen, weil ich seine Frau bin und ich ja sicherlich nicht möchte, dass er sich draußen vergnügt.
Ich habe schon teilweisse depressive Anfälle bei diesem Thema (Psychotherapie schon beantragt), das leider täglich stattfindet. Und da höre ich jedesmal: „Bitte, tue es für mich, ja”, „Ich kann nicht widerstehen bei dir. Nur so kann ich dir meine Liebe zeigen”… und so weiter.
Beim letzten Mal lag ich im Bett, habe meinen 8 Monate alten Sohn gestillt. Und mein Mann zieht mir den Slip runter, ölt meinen Hintern ein und reibt mit seinem Stock an meinen Pobacken, bis er kommt.
Als ich ihn fragte, was das sollte, warum er das macht, obwohl er mittlerweile schon weiß, dass ich in letzter Zeit nicht möchte, und dass ich mit diesem Thema schon belastet bin, sagt er: „Naja, du hast ja nichts gesagt (nicht geschrien wie sonst oder umhergefuchtelt), deshalb dachte ich, es gefällt dir, wenn nicht, dann tut es mir Leid.”
Ich habe so geweint. Und aus Verzweiflung meine getragene Unterhose zerrissen (zum x-mal).
In einer Beziehung ist es nicht einfach, das weiß ich ja. Aber ich fühle mich gefangen in meine Ehe. Wenn er nur mein Freund wäre und nicht mein Mann…
Aber das ist es ja. Es gibt kein wenn.
Ich habe soviel ertragen in unserem Sexualleben. Damals hatte ich noch Hoffnung auf Besserung. Aber mittlerweile fühle ich mich wie ein Opfer, das den Täter liebt.
Geht das denn, ist das Vergewaltigung, wenn ich es doch selber zulasse?
Er tut es aus Liebe, sagt er.
Ich weiß nur, es macht mich wahnsinnig.
Hilfe, SOS, ich weiß keinen Ausweg aus meiner Misere.
Bitte sag mir, was ich machen kann.
Nadja (29)

Antworten von der Therapeutin:

Liebe Nadja,
du fragst:
“Geht das denn, ist das Vergewaltigung, wenn ich es doch selber zulasse?”
Direkt Vergewaltigung ist es nicht, außer von deiner eigenen Seite: du vergewaltigst dich selbst. Von Seiten deines Mannes ist es „Nötigung“ (was schlimm genug ist). Seit acht Jahren lässt du zu, dass er fast täglich in deine Vagina eindringt, obwohl du Schmerzen dabei hast? Ach du meine Güte.
Die Hauptursache für euer Problem und deine Scheidenschmerzen ist, dass du viel zu wenig Grenzen setzst und dein Mann deine Grenzen viel zu wenig beachtet, sondern sie dauernd überschreitet – und dass ihr beide dem Irrglauben unterliegt, dass man in einer Beziehung Sex haben muss, und zwar so oft, wie der Mann das will. Ihr lebt doch in Deutschland im 21. Jahrhundert! In unserer Kultur ist es längst so, dass die Frau Freude und Wohlgefühl beim Sex haben muss, und zwar IMMER, und wenn sie weder Freude noch Wohlgefühl dabei hat, dann hat man so lange keinen Verkehr, bis das Problem behoben ist!
Auf gut deutsch:
Es ist keine „Liebe“, wenn er dauernd Sex von dir will und deinen Körper benutzt, obwohl er genau weiß, dass du dabei Schmerzen und andere negative Gefühle hast. Das ist sogar das Gegenteil von Liebe, nämlich Missachtung, Egoismus und Rücksichtslosigkeit. Und du… leider hast du in deiner Kindheit nicht gelernt, auf dich selbst und deinen Körper gut zu achten und dementsprechend deine Grenzen zu setzen. Dein Mann kann so rücksichtslos und benutzend sein, weil du es viel zu oft zulässt!
Dein Körper versucht statt deiner selbst, die Grenzen zu setzen, indem er Schmerzen entwickelt, aber offenbar reicht euch beiden das nicht aus, um diesem unglückseligen Spiel mal ein Ende zu setzen. Oh je.
Und grade weil du nicht richtig für dich selbst einstehst, fühlst du dich gefangen und wie ein Opfer – und entwickelst allmählich eine Depression.
Tatsache ist: Du brauchst nicht nur eine Therapie, sondern ihr beide braucht ganz dringend eine Paarberatung. In einer Paarberatung könnte der Berater/ die Beraterin deinem Mann klar machen, dass sein starker Trieb und seine Gier NULL mit Liebe zu tun haben und dass du nicht dafür da bist, dass er seine Geilheit dauernd stillen kann! Blöderweise hat sich genau deswegen eine negative Spirale bei euch entwickelt; für dich ist Sex (wahrscheinlich sogar alles Körperliche zwischen euch) immer mehr mit Schmerzen und unangenehmen Gefühlen und Abwehr verbunden; aber je mehr Abwehr da ist, desto mehr macht dein Körper zu – und das verstärkt den Schmerz und das Unangenehme.

Du schreibst:
“In einer Beziehung ist es nicht einfach, das weiß ich ja.”
Das ist nicht ganz richtig. Es gibt viele Beziehungen, in denen es tatsächlich einfach ist – aber das sind dann zwei Menschen, die für sich selbst einstehen und nicht von Angst regiert werden. Du hingegen wirst von Angst regiert. Aus irgendwelchen Gründen (wenig Selbstwertgefühl?) glaubst du, dein Mann würde dich nicht mehr mögen und dir davonlaufen, wenn du ihm nicht dauernd deinen Körper zur Verfügung stellst. Das ist falsch!!! Denn schau doch mal hin, zu was das allmählich geführt hat: Du kannst seine Nähe kaum noch ertragen, fühlst dich gefangen in deiner Ehe und stehst kurz vor einem psychischen Zusammenbruch. Das kann´s doch nicht sein, oder? Da läuft gewaltig was falsch.

“Wenn er nur mein Freund wäre und nicht mein Mann… Aber das ist es ja. Es gibt kein wenn.”
Natürlich gibt´s ein „wenn“. Wenn du so weitermachst, statt endlich mal radikal Grenzen zu setzen und zu dir selbst zu stehen, dann brichst du nicht nur zusammen, sondern dann wird deine Abwehr gegen deinen Mann so groß sein, dass ihr beide nie mehr zu einer von Liebe erfüllten Nähe kommt. Wenn du hingegen deine Ehe und den letzten Rest deiner Sexualität retten willst, musst du sofort eine radikale Notbremsung einlegen.
Bitte nimm deinen Mut zusammen und zeige deinem Mann unseren Mailwechsel oder rede wenigstens ganz deutliche Worte mit ihm. Natürlich wird er es erst mal nicht so gut aufnehmen, aber das musst du riskieren – denn ansonsten wird eure Ehe noch völlig den Bach runtergehen (sie ist ja schon dreiviertels kaputt).
Such auch so bald wie möglich eine Paarberatung auf (allein oder mit ihm).
Herzliche Grüße
Beatrice Poschenrieder

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