Bloß wegen “kein Sex und keine Unternehmungen” macht er Schluss, was soll das?!

Hallo Beatrice!
Ich bin 25, mein Freund ist 27. Wir sind seit fast 3 Jahren zusammen. Wir kannten uns vorher auch schon, konnten uns aber nie richtig leiden und auf einmal hat es geknallt. Wir waren dann also ein Paar. Das erste Jahr lebten wir beide in Berlin (getrennte Wohnungen). Dann musste er berufsbedingt nach Hamburg. Gut, es gab kleine Konflikte, ob ich mitgehe, ob er das will…
Letztendlich hat er sich getraut, mit mir zusammenzuziehen, und ich mich, in eine fremde Stadt zu gehen.
Nun sind wir seit 2 Jahren hier. Ich fange jetzt erst an, mich langsam einigermaßen wohlzufühlen und er kennt auch meine Abneigung gegen diese Stadt. Wir haben auch beide bisher kaum Bekanntschaften oder Freunde, obwohl ihm das Kontake knüpfen sonst leicht fällt. Ich bin da etwas langsamer. Fange auch erst jetzt damit an. Ich kam auch mit nichts hierher und musste erstmal sehen, dass ich einen Job finde etc. So hat sich das natürlich hingezogen.
(Diese Vorgeschichte muss sein, um mein eigentliches Problem verständlicher zu machen..)

Wir hatten auch die letzten anderthalb Jahre 3-4mal Probleme in Sachen Sex (sonst gab es nie Streitigkeiten oder Unzufriedenheit, wir haben diese Beziehung auch begonnen mit dem Grundsatz, sofort über alles zu reden, weil er das bei seinen Ex-Freundinnen nie gemacht hat und immer sehr unglücklich war.). Er will mehr Sex als ich. Wir haben dann darüber gesprochen, Lösungen gesucht, das ging 2 Wochen gut, dann war der alte Trott wieder da.. Wenn’s hochkommt, haben wir im Schnitt ca. 1-2mal im Monat Sex. Also VIEL zu wenig!

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass er im Moment ziemlichen Stress hat: er hat da so eine Immobiliensache, bei der er betrogen wurde, und wo es jetzt um viel Geld geht, was aber in Klärung ist; seine Chancen, das heil zu überstehen, stehen sehr gut. Das Zweite ist, bei ihm auf Arbeit läuft es momentan sehr schlecht. Er kommt mit den Leuten nicht zurecht, wird außen vorgelassen und ist immer der Buhmann (mit 2 Kollegen kommt er gut zurecht). Er geht dort also im Moment überhaupt nicht gern hin..

Nun waren wir am vergangenen Wochenende in Berlin. Er fuhr Freitag früh schon, traf sich mit Freundinnen, ich kam abends nach. Er wollte mich dann Freitag abend abholen, geriet allerdings in einen Stau, war nach 2 Stunden herumfahren sehr frustriert, rief mich wütend an, und so fuhr ich alleine nach Haus (wir verbringen die Zeit in Berlin immer gemeinsam in der Wohnung meiner Mutter, sie ist nicht da). Später erzählte er mir noch, dass eine Arbeitskollegin angerufen hätte, um nach der Adresse des Ortes zu fragen, wo der diesjährige Betriebsausflug hinführt, um mit einigen Leuten aus der Schicht schon einen Tag früher zu fahren. Er wurde nicht gefragt… noch mehr Frustration. Dies führte so weit, dass er sich wegen einer Nichtigkeit fast geprügelt hätte.
Ich merkte sofort, dass es ihm nicht gut geht, aber es war nichts aus ihm herauszukriegen. Er sagte immer nur, ‚Scheiß Wochenende!’ Er sagte auch noch, irgendwie sei ihm alles zu viel und er denke über unsere Beziehung nach. Ich sagte ihm, wenn er eine Auszeit braucht, soll er die haben und dass es besser sei, sich bei gravierenden Problemen lieber früher als später zu trennen. Nun gut, Samstag hatten wir Sex, Sonntag ging’s wieder nach Hamburg. Er sagte weiter, er denke nach, könne mir aber noch nichts Konkretes sagen, nur, dass ihn Sachen stören, und ihm dies am Wochenende bewusst geworden wäre.
Nun war es gestern (Mittwoch) so weit; wir wollten reden. Im Grunde sagte er, er habe zwei Probleme mit unserer Beziehung: 1. Sex und 2. fehlende Freunde und somit kaum Unternehmungen.
Tja… es ist schon so, unser Alltag bestand immer aus Arbeit, zu Hause rumsitzen und nach Berlin fahren. Wir sind auch nie verreist.
Er meinte nur, er sei mental am Ende, hätte keine Kraft mehr für Verständnis und sei jetzt mal egoistisch und beende die Beziehung, das wäre im Moment das Beste für ihn und er hätte auch keine Hoffnung mehr, dass sich an diesen o.g. Punkten noch etwas ändern könne. Ich war fix und fertig. Das kam von heut auf morgen. Letzte Woche machen wir noch Zukunftspläne und nun will er mich verlassen?! Ich kann es nicht verstehen!! Er sagte auch, er liebt mich, und weinte auch.
Ich konnte ihn nach langer Unterhaltung und Diskussion dazu überreden, mir wenigstens noch einen Monat zu geben, um ihm zu zeigen, dass ich ja anders bin und dass es auch anders geht (in Berlin war ich auch anders). Er will in diesem Monat mehr Freiheit auskosten, was ich ihm sowieso nie verwehrt habe. Er war immer derjenige, der nicht weggegangen ist, weil er mich nicht alleine lassen wollte. Mich hätte das selten gestört.

Im Prinzip hat er sich in unserer Beziehung immer selber eingeengt, vielleicht, weil ich es nicht getan habe? Nun will er kaum Rücksicht nehmen und sehen, dass ich auch allein zurecht komme, aber offiziell sind wir erstmal noch ein Paar. Außenstehende sehen uns übrigens als das perfekte Paar. Er meinte auch noch, er habe sich sehr verändert, und zwar eher zum Negativen, was aber außer ihm niemand so sieht, bis auf seinen besten Freund. Alle sagen, dass ich ihm absolut gut tue. Seine Eltern, meine Eltern, Freunde..
Und nun wollte er auf einmal alles hinschmeißen?!
Hast Du vielleicht eine Idee, was ihn dazu bewegt hat? Ich bin der Meinung, er hat einfach nur überreagiert durch den ganzen Stress auch auf Arbeit und mit der Immobilie.

Und denkst Du, der Monat bringt etwas? Ich möchte ihn einfach nicht verlieren, liebe ihn doch so, und ist es doch so perfekt..
Bitte sage mir Deine Meinung und gib mir einen Rat, wie ich damit umgehen soll und wie ich ihn vielleicht verstehen kann.
Liebe und traurige Grüße, Janine (25)

Hallo Janine,
du meinst zwar, außer ein paar Nebensächlichkeiten sei es „doch so perfekt“ bei euch. Du sagst: „Unser Alltag bestand immer aus Arbeit, zu Hause rumsitzen und nach Berlin fahren. Wir sind auch nie verreist.“ Und Sex gab´s maximal einmal im Monat.
Also für mich klingt das überhaupt nicht nach einer perfekten Beziehung, sondern wie eine bequeme Zweckgemeinschaft von einem sehr alten Ehepaar, das nicht mehr allzu viel miteinander anzufangen weiß.
Möglicherweise bist du ein Mensch, der nicht viel Lust auf was Neues hat, sondern zu Bequemlichkeit und Passivität neigt, was sich auch darin zeigt, dass du den Sex verkümmern lässt und dass du dich in zwei Jahren (!) weder bemüht hast, Hamburg etwas Gutes abzugewinnen noch diese Stadt und ihre Leute kennen zu lernen. Dabei ist Hamburg eine phantastische, schöne, vielschichtige Stadt mit tollen Leuten und tollen Möglichkeiten, diese Leute kennen zu lernen! Pfui Schande, das nicht zu nutzen!
Ich sag das jetzt mal etwas hart, weil es nix bringt, wenn du dir was vormachst. Du bist der „Meinung, er hat einfach nur überreagiert durch den ganzen Stress auch auf Arbeit und mit der Immobilie“. Ich meine eher: Vermutlich will dein Freund mehr vom Leben als auf dem Sofa hocken, ab und zu nach Berlin fahren und ein kümmerliches Sexualleben haben. Er ist 27, nicht 72!! Und man muss sagen, er hatte echt lange Geduld. Zwei Jahre…
Wenn du ihn umstimmen willst, musst du dich jetzt arg ins Zeug legen. So viel rausgehen wie möglich, mit ihm und allein; über verschiedene Schienen Leute kennen lernen; Leute einladen zu euch, ein Essen oder eine Party machen; keine Berlin-Trips, sondern mit deinem Freund Hamburg erkunden, Ausflüge machen, Bootsrundfahrt usw.; mit ihm eine Liste erstellen, wie ihr euer Sexualleben so aufpeppen könnt, dass du wieder mehr Lust drauf hast (jede Menge Anregungen findest du in meinem Ratgeber «Sex für Faule und Gestresste: So holen Sie mehr aus Ihrem Liebesleben – mit weniger Aufwand!». Eine gemeinsame Reise planen. Und vieles mehr!
Kostet fast alles Geld, ich weiß, aber die Beziehung wird´s dir doch wert sein, oder?
Viel Glück
Beatrice Poschenrieder

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