Hängen seine Potenzprobleme mit seinen seelischen Problemen zusammen?

Hallo Beatrice,
ich bin schon seit einiger Zeit in einen Mann (29) verliebt und es sieht so aus, als erwiderte er meine Gefühle, und wir überlegen, ob wir nun eine Beziehung eingehen. Darüber nachzudenken, obwohl wir uns doch lieben, mag seltsam klingen, aber er ist ein sehr verschlossener introvertierter Mann und hat zudem ein großes Problem: Nach einem Selbstmordversuch (leider weiß ich nichts genaueres darüber) vor einem Jahr hat er extreme Potenzprobleme und das nagt an ihm und macht ihm Angst, wahrscheinlich weil er sich eine Beziehung ohne Sex nicht vorstellen kann. Es ist aber nicht so, dass er ihn nicht hoch bekommt oder keinen Samenerguss bekommt. Sobald er in mir ist, erschlafft er einfach, was ich sehr seltsam finde, da es beim Oralsex und mit Handarbeit ganz gut funktioniert hat. Wie gesagt, ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich merke, dass ihn das sehr beschäftigt, und weiß leider nicht genau, wie ich darauf reagieren soll, ohne ihn noch mehr zu verunsichern. Ich will ihn nicht verlieren und schon gar nicht wegen sowas. Kannst du mir einen Tipp geben? Was kann ich tun?
Sandra (26)

Liebe Sandra,
JETZT mag da die Angst sein, dass er „sich eine Beziehung ohne Sex nicht vorstellen kann“, aber vorher war und ist da die Angst, einer Frau sehr nah zu sein, und diese Angst ist mit ein Grund für die Potenzprobleme. Deshalb gilt es, herauszufinden, warum es ihm Angst macht, einer Frau nah zu kommen oder sie nah an sich heranzulassen. Und dann versuche, ihm diese Ängste zu nehmen. Sage und zeige ihm, dass er bei dir nichts zu befürchten hat, und das betrifft nicht nur mögliche Ängste von ihm, von dir verletzt oder verlassen zu werden – sondern auch dass du zu viel von ihm erwarten könntest, z.B. zu viel Ziet, zu viel Nähe, zu viel Auf-dich-Eingehen, etc.
Ich rate euch auch, so frei und offen wie möglich über seine Erektionsschwankungen zu sprechen. Vor allem: Problematisiert es nicht! Ich sage absichtlich „Erektionsschwankungen“ und nicht „-störungen“ oder „-probleme“, weil sein Penis wie ein sehr sensibles Instrument auf das sensible Innere deines Freundes hinweist (nähere Infos hierzu und Hinweise, wie mann das selber näher erforschen kann, liefert mein Buch “Sex für Faule und Gestresste: So holen Sie mehr aus Ihrem Liebesleben – mit weniger Aufwand!“).
Ich finde das eigentlich sehr gut, dass der Körper und auch die Sexualität nicht wie Automaten reagieren, sondern eng mit der Seele und den Gefühlen verknüpft sind. Dein Freund braucht eine einfühlsame, behutsame Zuwendung und viel Geduld und ich bin zuversichtlich, dass ihr das hinkriegt – vorausgesetzt, ihr bleibt immer in einer liebevollen Kommunikation! Findet Wege, auch ohne Verkehr eine befriedigende Sexualität zu haben – bei der auch du auf deine Kosten kommst! Lasst euch Zeit mit dem Verkehr – irgendwann wird das von ganz allein wieder gut klappen. Außerdem wäre es angezeigt, dass er mal mit einem Therapeuten über den Selbstmordversuch und seine Angst, sich zu öffnen, spricht. Bereits bei Suizidgedanken kriegt man in der Regel ziemlich schnell ein Erstgespräch bei einem Therapeuten, und die Krankenkasse übernimmt es – er müsste sich nur trauen, es gegenüber dem Hausarzt und/oder Therapeuten zuzugeben.
Alles Gute
Beatrice Poschenrieder

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