
Hallo liebe Beatrice,
seit einem halben Jahr bin ich mit meinem Freund (19) zusammen. Wir lieben uns wirklich sehr und ich bin auch mit ihm sehr sehr glücklich.
Nun haben wir beide den Wunsch, das erste Mal miteinander zu schlafen. Auf der einen Seite freue mich mich riesig darauf, auf der anderen Seite habe ich aber auch etwas Angst davor, weil ich seit einem Unfall vom 3. Lendenwirbel abwärts komplett querschnittgelähmt bin und ich deshalb in meinem Intimbereich nichts spüre. Natürlich weiß er das, aber ich habe eben Angst, dass ihm der Geschlechtsverkehr wegen meiner Behinderung weniger Spaß machen koennte und dass er vielleicht andere Bedürfnisse haben könnte als ich. Ich reagiere z.B. sehr stark, wenn meine Brüste stimuliert werden.
Was soll ich tun? Wie kann ich ihn darauf vorbereiten, dass Sex mit einer Querschnittgelähmten möglicherweise etwas anders abläuft als mit einer Fußgängerin? (Er hatte schon zwei Freundinnen.) Und wie kann ich meine Unsicherheit loswerden?
Nicole (17)
Liebe Nicole,
da ich grade in Afrika bin und nur meine Mails abrufen, aber nicht ins Netz gehen kann, kann ich dort nicht recherchieren und möchte dich bitten, dass du dich vielleicht auch dort schlau machst, wie andere Frauen mit Querschnittlähmung diese Fragen handhaben. Ich weiß leider nichts darüber und kann dir nur meinen „Laien-Senf“ dazugeben. Also:
Du fragst:
„Wie kann ich ihn darauf vorbereiten, dass Sex mit einer Querschnittgelähmten möglicherweise etwas anders abläuft als mit einer Fußgängerin?“
Meine Süße, das weiß er selbst! Glaubst du nicht, dass er sich nicht schon ebenso viele Gedanken und Vorstellungen dazu gemacht hat wie du? Ich wette! Und ich wette auch, dass er sich drauf freut.
Du hast Angst, „dass ihm der Geschlechtsverkehr wegen meiner Behinderung weniger Spaß machen könnte“ – naja, so brutal viele Vergleichsmöglichkeiten hat er ja nun nicht… Und wäre er denn mit dir zusammen, wenn er unbedingt Sex mit einer „Fußgängerin“ braucht? Weißt du, Sex – vor allem GUTER Sex – besteht nicht nur aus Geschlechtsverkehr. Zwei Menschen kommen sich ganz innig und intim näher, und Intimität bedeutet unter anderem, genau zu wissen, wie man dem Partner wohlige Schauer beschert – und sei´s nur durch Küssen oder Nackenkraulen. Intimität bedeutet auch, das Bedürfnis zu haben, dem andern ganz dicht bei sich zu spüren und ihm körperliche Freuden zu bereiten. Damit ist noch eines deiner Bedenken beantwortet:
„Ich reagiere z.B. sehr stark, wenn meine Brüste stimuliert werden.“
Na das ist doch wunderbar! Ein Ausgleich dafür, dass du im Intimbereich nichts spürst. Im übrigen reagieren sehr viele Frauen stark auf Bruststimulation, manche können darüber sogar Orgasmen bekommen. Und Männer sind entzückt, wenn sie sich intensiv einer ihrer absoluten Lieblingsstellen widmen dürfen.
Ferner hast du Angst, „dass er vielleicht andere Bedürfnisse haben könnte als ich.“
Ja, das ist doch normal! Auch bei den Fußgängern haben die Leute unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse! Aber wenn man sich liebt, geht man aufeinander ein, und das wird dein Freund sicher auch gern tun.
Du hast eine gewisse Angst, dass er in irgendeiner Weise ablehnend reagieren könnte. Aber gleichzeitig sagst du: „Wir lieben uns wirklich sehr…“ Das geht für mich nicht zusammen. Hab keine Angst, sondern öffne deine Sinne für seine Zärtlichkeit und lass es einfach vertrauensvoll auf dich zukommen.
Noch eines: du solltest dich vorher schlau machen, ob du folgendes brauchst:
1. Verhütung (auch gegen HIV usw.) und
2. Gleitmittel (funktioniert deine Scheidenbefeuchtung? wahrscheinlich nicht, oder? also legt auch vorsichtshalber ein Gleitmittel zurecht und habt keine Scheu, es anzuwenden. Machen viele Leute!)
Außerdem könntet ihr euch auf meinen Seiten in meiner Sexberatung und in der „Sex-Beratung“ unter der Rubrik „Das erste Mal“ schlau machen.
Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder