Sind das alles mentale Blockaden, die mich vom Orgasmus abhalten?

Mein Problem ist, dass ich mich entweder total extremst konzentrieren und anstrengen muss, um zu kommen, oder vom Orgasmus hinterrücks überfallen werde

Nach SEINEM Orgasmus schläft er entspannt ein, während ich oft noch wach bin und mich frage, warum ich nicht komme

Hallo Beatrice,
also… Mit meinem Freund (24) bin ich seit einem Jahr zusammen. Für mich ist es die erste wirklich schöne und zärtliche Beziehung. Sowas Schönes hatte ich noch nie. Auch der Sex ist der beste, den ich je hatte. Ich habe ganz viele tolle Gefühle zum ersten Mal erfahren. Trotzdem komme ich extrem selten. Leider.
Mein Problem ist, dass ich mich entweder total extremst konzentrieren und anstrengen muss, mir das Kommen quasi hart erarbeiten muss – oder hinterrücks von einem Überraschungsorgasmus überfallen werde. Beides passiert sehr selten. Ich hätte gern mal, dass es einfach so und leicht passiert.
Bei fast jedem Sex fange ich an zu denken: jetzt muss es aber klappen! und wenn dann mal ein Orgasmus anrollt, bin ich irgendwie erschreckt, denke “hoppla!” und mit dem Denken geht das Gefühl dann auch schon futsch. Bei der Selbstbefriedigung komme ich so gut wie immer dank meinen Fingern an der Klitoris und in der Muschi und dank schmutziger Fantasien. (Muss aber dazu sagen, dass ich – ganz der Spätzünder – erst während der Beziehung gelernt habe, mich überhaupt selbst zu befriedigen. Ich hatte einen Urlaub von ihm genutzt, die Nervenenden, die er ja aufgeweckt hat, intensiv zu trainieren. In meiner Teenagerzeit und auch später war durch eine Essstörung an so etwas nicht zu denken, ich habe meinen Körper regelrecht gehasst.)

Mein Freund meint, dass ich nicht komme, läge daran, dass ich ihm nicht komplett vertraue und mich nicht fallenlassen kann. Auch sagt er, dass, wenn ich erstmal alle meine sonstigen Ängste und Sorgen (im Alltag, sozial und vor allem beruflich) angehen und bekämpfen würde, würde sich das Problem auflösen. Alles ist miteinander verbunden, meint er wohl. Ihn stört es auch nicht, dass ich nicht komme, es wäre halt für mich schade. Ihn stört nur, wenn ich das Problem so hochstilisiere und zum Drama mache.
Irgendwie hat er ja recht. Ich bin halt schüchtern und ängstlich und sensibel im Alltag, mache mir über alles und jeden ständig Sorgen und das kann ich ja nicht einfach so im Bett abstellen. Oft denke ich, dass ich irgendwie komisch aussehen könnte, wenn ich einfach loslasse, dass ich mich lächerlich mache, hässlich rüberkomme, nicht die Erwartungen erfülle usw.

ANDERERSEITS denke ich, dass mein Freund mir etwas mehr „behilflich“ sein könnte auf dem Weg zum Orgasmus. Irgendwie bin ich diejenige, die im Bett mehr verwöhnt, mehr macht und rumturnt. Und bei soviel Verwöhnen fällt es mir eben manchmal schwer, mich auf mich zu konzentrieren. Zum Beispiel machen wir ab und zu 69 (ich oben), wo ich auch mehrmals dieses Gefühl des Weggetretenseins hatte, aber die Position ist ja nicht ganz unanstrengend und eben was anderes, als einfach nur dazuliegen, geleckt zu werden und zu genießen. Dazu kommt es aber kaum (noch), während ich bei ihm oft blase. Am Anfang der Beziehung war das anders.
Nun befürchte ich manchmal, dass mein Freund kaum mehr Oralsex bei mir macht, weil er vielleicht denkt, „es lohnt sich nicht“ und dass ich ein hoffnungsloser Fall bin. (Das sind meine zugegebenermaßen negativen Gedanken. Er hat nie etwas in die Richtung gesagt, nur immer oben genannte Theorie.) Oder ist er nur zu faul und ich habe ihn bisher zu sehr verwöhnt? Es kann aber auch sein, dass ich einfach schon zu sehr auf dem Thema rumgeritten bin und es zu etwas Wichtigerem hochgepuscht habe, als es eigentlich ist?
Ich weiß ja selbst, daß der Sex am besten ist, wenn ich entspannt bin, den Sex nehme, wie er kommt, und mir nicht ständig Gedanken mache.
Oft ist es jetzt so, dass ich es mir nach dem Sex selber mache, was ich manchmal nicht so schlimm finde, manchmal frustiert es mich aber und macht mich wütend. Warum kriegt er seine Befriedigung so einfach und ich nicht?

Wie erreiche ich, dass er mir mehr beim „Üben“ hilft, dass wir mehr ausprobieren? Zwei, dreimal haben wir halherzig versucht, dass ich vor ihm masturbiere. Das war mir dann aber irgendwie peinlich.
Ist also doch nur meine mentale Blockade schuld, was meinst Du?
Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Sarina (29)

Liebe Sarina,
du schriebst:
„Mein Freund meint, dass ich nicht komme, läge daran, dass ich ihm nicht komplett vertraue und mich nicht fallenlassen kann. Auch sagt er, dass, wenn ich erstmal alle meine sonstigen Ängste und Sorgen angehen und bekämpfen würde, würde sich das Problem auflösen. Alles ist miteinander verbunden, meint er wohl. …. Ihn stört nur, wenn ich das Problem so hochstilisiere und zum Drama mache.“
Da hat er sicher zumeist recht, und ich denke, der wichtigste Grund liegt im letzten Satz. Daher meine erste Verordnung an dich: 2 Monate Orgasmus-Verbot für dich! Bitte streich es dir im Kalender an. Ab heute bis zum 1. Juli sollst du das Thema Orgasmus total auf Eis legen und nicht versuchen, einen zu erreichen! Bitte keine Anstrengung, keine Gedanken dran verschwenden. Sondern einfach nur den Sex mit deinem Freund genießen und möglichst viele Sachen ausprobieren. Bitte sag es auch ihm.

„Irgendwie hat er ja recht. Ich bin halt schüchtern und ängstlich und sensibel im Alltag, mache mir über alles und jeden ständig Sorgen und das kann ich ja nicht einfach so im Bett abstellen. Oft denke ich, dass ich irgendwie komisch aussehen könnte, wenn ich einfach loslasse, dass ich mich lächerlich mache, hässlich rüberkomme, nicht die Erwartungen erfülle usw.“
Hoh, Sex als Leistungsshow. Genau, man muss beim Sex immer aufpassen, dass man perfekt rüberkommt und alles perfekt macht. Mhm. 🙂
Verordnung hier: Bitte sorge dafür, dass dein/euer Schlafzimmer vollkommen dunkel gemacht werden kann. Und dann macht es im Stockfinstern. Du kannst ihm zusätzlich die Ohren zustöpseln. Ziel ist auch hier nicht Orgasmus, sondern dass du es ausprobierst, dich im Bett total gehen zu lassen. Übertreib es ruhig ein wenig, nur zum Spaß. (Die genaue Anleitung zu dieser Übung findest du in meinem Buch “Sexbewusstsein: So finden Sie erotische Erfüllung“.)

„Irgendwie bin ich diejenige, die im Bett mehr verwöhnt, mehr macht und rumturnt. Und bei soviel Verwöhnen fällt es mir eben manchmal schwer, mich auf mich zu konzentrieren.“
Frag ihn, ob es ok ist, wenn du ihn weniger verwöhnst, und erkläre es ihm.

„Warum kriegt er seine Befriedigung so einfach und ich nicht?“
Weil Männer leicht kommen und die meisten Frauen nicht. Deswegen. Die genauen Gründe und Lösungswege erfährst du in meinem Orgasmus-Ratgeber „Stöhnst du noch oder kommst du schon?: Der sichere Weg zum Orgasmus“, und da steht auch alles zu deinen anderen Fragen drin, nur viel ausführlicher als ich es hier schreiben kann.

„Zum Beispiel machen wir ab und zu 69 (ich oben), wo ich auch mehrmals dieses Gefühl des Weggetretenseins hatte, aber die Position ist ja nicht ganz unanstrengend und eben was anderes, als einfach nur dazuliegen, geleckt zu werden und zu genießen.“
Jawohl. Und grade wir Frauen brauchen das passive Genießen, um zu kommen. Zu viel Aktivität stört unsere Gipfelfahrt.

„Nun befürchte ich manchmal, dass mein Freund kaum mehr Oralsex bei mir macht, weil er vielleicht denkt, ‘es lohnt sich nicht’ und dass ich ein hoffnungsloser Fall bin. (Das sind meine zugegebenermassen negativen Gedanken…) Oder ist er nur zu faul und ich habe ihn bisher zu sehr verwöhnt? Es kann aber auch sein, dass ich einfach schon zu sehr auf dem Thema rumgeritten bin und es zu etwas Wichtigerem hochgepuscht habe, als es eigentlich ist?“
• es lohnt sich nicht: das denkt er bestimmt nicht.
• zu sehr verwöhnt: ja.
• zu sehr rumgeritten: das auch.
Sehr viele Männer lecken Frauen nicht, damit es sich orgasmustechnisch „lohnt“, sondern um die Frau zu verwöhnen und weil sie es mag. Daher kannst du deinen Freund drum bitten, einfach weil es sich schön anfühlt – ohne jeglichen Orgasmusgedanken. Außerdem hast du ja sowieso erst mal Orgasmusverbot.
Und blas ihn nicht mehr so oft. Blas ihn nur, wenn er dich vorher verwöhnt hat (auf welche Art auch immer).

„Oft ist es jetzt so, dass ich es mir nach dem Sex selber mache, … manchmal frustiert es mich aber und macht mich wütend.“
Mädel, das brauchst du auch nicht tun. Wenn du ihn lieb und charmant bittest (NICHT patzig!!), dann wird er es übernehmen, es sei denn, er ist seeeehr müde.

„Wie erreiche ich, dass er mir mehr beim Üben hilft, dass wir mehr ausprobieren? Zwei-, dreimal haben wir halherzig versucht, dass ich vor ihm masturbiere. Das war mir dann aber irgendwie peinlich.“
Also wirklich, wozu soll das gut sein? Nun sollst du nicht nur selber für deine Befriedigung sorgen, sondern ihm auch noch ne Peepshow liefern? Fast keine Frau steht da drauf.
Zeig ihm meine erste Verordnung. Bitte schaut unbedingt zusammen meine Youtube-Video-Reihe über den weiblichen Orgasmus (es hat mehrere Teile, unten Teil 1) und lest zusammen mein Buch, jede Seite, aufmerksam. Da wird euch alles ganz sonnenklar werden.
Und du für dich kannst auch noch mein Buch “Sexbewusstsein: So finden Sie erotische Erfüllung
studieren, darin geht es ganz viel um sexuelle Ängste, wie man sie in den Griff kriegt, und wie man sich beim Sex besser entspannen und fallen lassen kann.
Viele Grüße
Beatrice Poschenrieder

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