Wieso will ihr Ex nicht wieder mit ihr zusammenkommen? Sie ist leider streitsüchtig und wird dann wie ein Feuer speiender Drache!
Hallo Beatrice,
danke für deine Antwort (hier geht´s zu Teil 1 dieses Briefes!).
Ich habe lange darüber nachgedacht und sehe ein, dass ich meine Emotionen nicht immer unter Kontrolle habe. Aber als “streitsüchtig” sehe ich mich nicht, denn direkt Konflikte suche ich nicht. Im Gegenteil, wenn es zu Spannungen in der Arbeit und Familie kommt, dann fühle ich mich schlecht und wenn berechtigt, auch schuldig.
Wenn ich meinen Ex-Freund fertig gemacht habe, dann nur, weil ich meistens Angst hatte. Ich wurde während meiner fünfjährigen Ehe unzählige Male betrogen und bin schon etwas angeschlagen in die neue Beziehung gegangen.
Der Streit, der sein Schluss-Machen ausgelöst hat: Ich wollte wissen, ob er mich auf die Geburtstagsfeier einer guten Freundin von ihm mitnimmt (er weiß, dass ich diese nicht mag). Er meinte, er weiß noch gar nicht, ob er da hin geht, übrigens versteht er nicht, warum ich mit will, wenn ich die betreffende Person eh nicht leiden kann.
Auf einmal kam die alte Angst in mir hoch, dass er mich genauso betrügt wie mein Ex-Ehemann. Dann schnürt es mir die Luft ab und ich kriege Panik. In der Panik renne ich einfach los und benutze dann mein Mundwerk als Waffe, so nach dem Motto “Bevor du mich triffst, treffe ich dich zuerst”.
Die Situationen kamen vielleicht ein halbes Dutzend mal vor pro Jahr.
Mein Ex-Freund ist so ein ruhiger und vertrauensvoller Mann. Ich habe sehr schnell mein Innerstes vor ihm ausbreiten können.
Vor einer Woche habe ich mich mit ihm zum Kaffeetrinken getroffen. Ich wollte ihn einfach sehen und ein bisschen quatschen. Auf meine Frage, wie es ihm geht, sagte er, schlecht und dass es an mir liegt. Er kann nicht mit mir, aber auch nicht ohne mich leben. Er braucht abends zig Kissen, um einen Ersatzkuschelpartner zu finden, sonst kann er nicht einschlafen. Er sieht erst jetzt, was er verloren hat, und ich würde ihn immer noch anmachen und er könnte mich auf der Stelle vernaschen.
Auf einmal wollte er eine Aussprache. Ob er es verdient hat, dass ich ihn so schlecht behandelt habe? Warum ich das tue …?
Er glaubt mir, dass ich mich ändern kann (zum ersten Mal hat er das gesagt), nur hat er immer noch Angst.
Er erzählt mir, dass er ins Fitnessstudio geht und fleißig trainiert. Er hat jetzt auch mit dem Rauchen aufgehört und geht nicht mehr so oft weg. Er arbeitet jetzt konzentriert an seiner Karriere. Wieso erzählt er mir das? Will er mir etwas beweisen?
Wenn ich ihm vorschlage, dass wir es langsam wieder versuchen sollten, dann blockt er ab. Er sagt, es hat keinen Sinn mehr… Auf der anderen Seite sagt er mir die ganzen Dinge und legt noch nicht einmal meine Schlüsselanhänger ab. Er ist sich nach 4 Wochen immer noch nicht sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hat.
Was soll ich nur tun? Haben wir noch eine Chance? Soll ich ihn in Ruhe lassen?
Warum, wenn er mich liebt, springt er nicht über seinen Schatten und kommt zu mir zurück?
Kann ich etwas tun?
Ich will einmal ganz genau wissen, woran ich bin. Den Schluss-Strich genau vor mir sehen, um ihn akzeptieren zu können. Verstehst du das?
Ich möchte dir für deinen ersten Rat danken. Der hat mir wirklich die Augen geöffnet.
Sonya (27)
Liebe Sonya,
mag sein, dass du in Arbeit und Familie Konflikte meidest, aber die Liebe ist ein ganz anderer Bereich. In der Liebe werden Emotionen wach, die in anderen Bereichen nicht hochkommen oder die wir dort viel besser unter Kontrolle haben.
Du schriebst in deiner ersten Mail:
„Wenn bei mir der Druck von außen zunimmt, der Stress steigt, neige ich dazu ihn als Ventil zu missbrauchen. Meistens habe ich Streiterein bewusst heraufbeschworen.“
Wenn das mal nicht streitsüchtig ist! Selbst wenn es nur alle zwei Monate vorkommt: Das macht 6 mal in einem Jahr, und mit jedem Mal wird die Wunde im Herzen deines Freundes größer, weil er dazu neigt, es in sich reinzufressen und fein säuberlich zu sammeln, statt es gleich wieder rauszulassen. Von daher war JEDES MAL, wo du gemein und ungerecht zu ihm warst, zu viel.
Es gibt Paare, die sind jahrelang zusammen und doch kommt es nie vor, dass sie so schlimm streiten, dass böse Verletzungen entstehen. Man kann auch streiten oder seinen Ängsten Ausdruck verleihen, ohne den anderen böse zu verletzen.
Du schreibst, um dein Verhalten zu rechtfertigen:
„Auf der anderen Seite war ich selbst durch meine Ehe angeschlagen. Ich wurde jahrelang betrogen und hatte erst einmal Schwierigkeiten ihm zu vertrauen.“
Meine Liebe, das tut mir leid für dich, aber es ist keine Entschuldigung. Du kannst nicht an einem Unschuldigen auslassen, was jemand anders dir angetan hat. Es ist nicht Aufgabe deines Freundes, deine alten Wunden zu heilen, sondern Aufgabe einer Therapie oder Paarberatung (wo du auch allein hingehen kannst).
„Er erzählt mir, dass er ins Fitnessstudio geht und fleißig trainiert. Er hat jetzt auch mit dem Rauchen aufgehört und geht nicht mehr so oft weg. Er arbeitet jetzt konzentriert an seiner Karriere. Wieso erzählt er mir das? Will er mir etwas beweisen?“
Er will dir zeigen, dass er alle möglichen Bemühungen anstellt, um sich positiv zu verändern. Und das erwartet er auch von dir.
„Wenn ich ihm vorschlage, dass wir es langsam wieder versuchen sollten, dann blockt er ab… Warum, wenn er mich liebt, springt er nicht über seinen Schatten und kommt zu mir zurück?“
Weil er noch nicht wirklich sieht, dass du dich ernsthaft darum bemühst, dich so zu verändern, dass er keine Angst mehr vor dir zu haben braucht.
„Kann ich etwas tun?“
Oh ja. Das, was ich dir schon in der letzten Mail nahelegte: Sprich mit einer Therapeutin über deine Wunden und Ängste und wie du die damit verbundene Wut loswerden bzw. in den Griff bekommen kannst.
Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder