Liebe Beatrice,
ich schreibe dir, da ich ein echtes Problem habe. Vor eineinviertel Jahren machte mein Freund, mit dem ich, seit ich 15 war, zusammen war (3 Jahre) total überraschend wegen einer anderen Schluss. Er sagte mir eiskalt, er liebe mich nicht mehr und wolle auch keinen Kontakt mehr zu mir. Ich fiel damals in ein schwarzes Loch und heulte jeden Tag. Das ging fast ein Vierteljahr lang so. Ich hatte mit einem Schlag alles verloren, was ich geliebt hatte, er war nicht nur meine wichtigste Bezugsperson, wir hatten uns in der Zeit, die wir zusammen waren, auch jeden Tag gesehen (zugegebenermaßen war das rückblickend betrachtet wohl etwas übertrieben, doch wir langweilten uns nie, hatten immer Gesprächsthemen, gingen mit Freunden weg o.ä.), jedenfalls litt ich furchtbar und dachte, ich könne nie wieder glücklich sein.
Nun habe ich mich vor 5 Monaten endlich wieder verliebt. Manuel ist wirklich toll, er ist intelligent, sieht fabelhaft aus, ist rücksichtsvoll, einfühlsam, zärtlich und hat wirklich alles, was ich mir von einem Mann / Jungen wünsche. Er ist übrigens gleich alt wie ich. Wir sehen uns ca. 4 oder 5 mal die Woche, meist schlafe ich 2 oder 3 Nächte hintereinander bei ihm, auch mit seinen Eltern verstehe ich mich blendend und auch seine Freunde mögen mich.
Es könnte alles so schön sein, wenn da nicht diese ständige Angst wäre. Ich muss andauernd daran denken, was mir mit meinem Exfreund passiert ist und spinne mir richtige Geschichten zusammen, in denen ich mir ausmale, wie Manuel mich verlässt, wie es mir dann gehen wird usw.. Das macht mich ganz krank, denn ich kann einfach nichts gegen diese negativen Gedanken tun.
Ich habe schon mehrfach mit ihm über meine vorherige Beziehung und wie sie endete gesprochen, habe gesagt dass ich diesen furchtbaren Schmerz, verlassen zu werden nie wieder erleben möchte, und Manuel sagt jedesmal, dass er mich verstehen kann und sein Möglichstes tun will, dass er mir nicht ebenso wehtut wie mein Exfreund es tat.
Doch meine Ängste sind weiterhin da. Wenn ich daran denke, wieviel Hoffnungen und Gefühle ich schon jetzt in die Beziehung zu Manuel gesteckt habe und mir dann ausmale, wie es wäre, ihn zu verlieren, bin ich schon kurz vorm Durchdrehen.
Ich heule nachts oft, wenn ich neben ihm liege, weil ich es irgendwie nicht unterdrücken kann. Wenn er es merkt, versucht er immer mich zu trösten und herauszufinden, was der Grund für meine Gefühlsausbrüche ist, ich sage dann
jedesmal unter Tränen, dass ich Angst habe ihn zu verlieren, worauf er immer entgegnet “Was redest du für einen Unsinn, du verlierst mich doch nicht, warum denn auch?”
Was mich auch ziemlich beunruhigt, ist, dass er noch nie eine Beziehung hatte, die länger als ein halbes Jahr gedauert hat (es waren aber immer die Mädchen, die Schluss gemacht haben) und ich denke, dass ich ihm bald langweilig werden könnte.
Manchmal denke ich auch, dass ihm die Beziehung vielleicht nicht so wichtig ist wie mir, da er kaum vorausplant. Mit meinem Exfreund habe ich meist schon den Urlaub fürs nächste Jahr geplant, doch Manuel meint, er wolle das nicht, denn er wüsste ja nicht was in ein paar Monaten / einem Jahr / zehn Jahren sei.
Liebt er mich überhaupt? Warum will er denn nichts vorausplanen? Lebt eine Beziehung nicht von gemeinsamen Zukunftsträumen und -Plänen?
Beispielsweise will er nächstes Jahr studieren, hat schon mit einem guten Freund über eine gemeinsame WG gesprochen, doch mich hat er nicht gefragt, ob ich eventuell mit einziehen würde. Als ich ihn darauf ansprach, meinte er nur, es stünde ja noch alles in den Sternen. Doch was wäre schlimm gewesen, wenn er einfach nur gefragt hätte, ob ich mit in die WG ziehen würde?
Ich weiß nicht mehr, wohin ich mit diesen verdammten Ängsten soll, ich bitte dich, hilf mir!
Deine Lea (19)
Liebe Lea,
zuerst einmal zum Thema “Planen”: das ist so ein typisches Männerding. Die meisten Männer planen nicht gerne bzw. legen sich zeitlich nicht gerne fest, sondern lieben das Gefühl, Herr über ihre Zeit und irgendwie unabhängig zu sein. Das gehört zu ihrem Selbstverständnis als “echter Mann”, auch in einer Beziehung (ich hab selber schon oft genug darüber gestöhnt oder mich geärgert!). Nun ist es bei manchen auch ein Zeichen mangelnder Liebe. Bei deinem aber nicht, glaube ich. Es ist keine böse Absicht, dass er nicht für dich mitplant, deswegen musst den Part einfach du übernehmen. Er wird das in Ordnung finden, vor allem wenn du es ohne Groll tust.
Du meinst:
“Lebt eine Beziehung nicht von gemeinsamen Zukunftsträumen und -Plänen?”
Naja, es sind eher andere Dinge, von denen eine Beziehung “lebt”. Gemeinsame Erlebnisse gehören definitv dazu, aber die muss man ja nicht unbedingt langfristig vorausplanen, vor allem nicht, wenn man so jung ist wie ihr beide.
Und du befürchtest:
“Was mich auch ziemlich beunruhigt, ist, dass er noch nie eine Beziehung hatte, die länger als ein halbes Jahr gedauert hat (es waren aber immer die Mädchen, die Schluss gemacht haben) und ich denke, dass ich ihm bald langweilig werden könnte.”
Wieso denkst du das? Immerhin haben bis jetzt die Mädels mit ihm Schluss gemacht, also ist vielleicht eher er “langweilig”? Auf jeden Fall ist er sicherlich froh, dass er jetzt mal eine Freundin hat, die sich bestimmt nicht so schnell trennen wird, und deshalb wird er eher an dir festhalten. Außerdem, wenn du befürchtest, langweilig zu sein, kannst du ja was dagegen tun. Zum Beispiel viel mit ihm unternehmen und auch das Körperliche (Schmusen, Sex) abwechslungsreich gestalten. Meine Webseite hier bietet da viele Anregungen.
Zum Thema Zusammenziehen: Warum soll er denn jetzt schon mit dir zusammenziehen? Er ist 19!! Und du klammerst viel zu sehr! Himmel, es ist normal und gut, dass so ein junger Mann nach dem Abitur und fürs Studium mit einem Kumpel zusammenzieht und sich erst mal allein in seinem neuen Leben zurechtfindet. Das selbe gilt auch für dich! Du musst lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, denn das ist die allerbeste Basis für eine erwachsene Paarbeziehung.
Weißt du, was eine “self-fulfilling prophecy” ist, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung? Das bedeutet, wenn man sich etwas nur stark genug einbildet, tritt es auch ein. Sprich, wenn du deinen Freund weiterhin mit deinem Misstrauen und deinen negativen Vorahnungen quälst, könnte er dich irgendwann tatsächlich verlassen. Ich wähle absichtlich etwas drastische Worte wie “Misstrauen” und “quälen”, denn jemand, der sehr sensibel ist, würde es tatsächlich so empfinden. Er würde sagen: “Nun bringe ich dieser Frau all meine Liebe entgegen, nehme Rücksicht auf sie, verbringe unheimlich viel Zeit mit ihr, und trotzdem unterstellt sie mir die böse Absicht, dass ich sie eines Tages einfach abserviere. Das tut weh. Warum hegt sie so ein Misstrauen gegen mich? Und vor allem: Wie kann sie mich mit ihrem Ex über einen Kamm scheren? Er ist ein ganz anderer Mensch als ich!”
Dein Freund gehört zu den Guten, deshalb verdient er “Vorschuss-Vertrauen”. Du musst AKTIV BESCHLIEßEN, ihm das zu geben. Und ebenso AKTIV GEGEN DEINE ÄNGSTE ANKÄMPFEN. Niemand ist seinen Ängsten hilflos ausgeliefert, wenn er es nicht will. Oft hilft es, sich ein paar positive “Zauberformeln” zu überlegen, zum Beispiel “alles wird gut”, “ich hab Vertrauen” und “er ist anders als mein Ex”. Verbinde deine Formeln mit einer Geste, zum Beispiel dir selbst über die Wange zu streichen oder am Ohrläppchen zu ziehen. Und jedes Mal wenn dich deine Ängste packen, sagst du deine Zauberformeln laut (oder im Geiste) und machst dazu die Geste. Lächle oder lache dazu, das verstärkt die positive Wirkung. Und zwar machst du das so lange, bis die Ängste sich gelegt haben.
Und mach dir auch eines klar: Das Ende einer Beziehung ist nicht das Ende der Welt. Du hattest zwar nach deinem Ex einen großen Schmerz, aber wie du siehst, hast du jetzt einen neuen wunderbaren Freund gefunden. Alles in unserem Leben hat ein Ende, das gehört dazu, doch fast immer, wenn sich die eine Tür schließt, tut sich dafür eine andere auf. Das macht unser Leben zwar oft anstrengend, aber auch so spannend.
Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder