Nach zwei Jahren Liebesglück entfernt sie sich von mir, sie vermisst ihr altes Leben

Liebe Beatrice,
ich bin seit 2 1/2 Jahren mit einer wunderbaren Frau (37) zusammen, die ich sehr liebe.
Als wir uns verliebten, war sie gerade dabei, sich von ihrem Mann, mit dem sie zwei gemeinsame Kinder (jetzt 7 und 9) hat, zu trennen. Alles lief problemlos. Wir haben im ersten Jahr wunderschöne Abende und eine außergewöhnliche Zweisamkeit erlebt. Ich lernte ihre Kinder kennen und nach anfänglichem Abtasten verbrachten wir auch Zeit zu viert. Die Beziehung zu ihren Kindern ist von gegenseitiger Sympathie geprägt, könnte jedoch von meiner Seite aus intensiver gelebt werden.
In den ersten 1 1/2 Jahren haben wir immer wieder über Zusammenziehen, Hochzeit und gemeinsame Zukunft gesprochen. Dass wir heiraten werden, stand für uns außer Frage.
Doch seit einigen Monaten ist der Zauber unserer Liebe nicht mehr sichtbar. Nach intensiven Gesprächen wurde mir bewusst, dass sie “ihr altes Leben” vermisst. Das bezieht sich jedoch nicht auf ihren Ex-Mann,
sondern vielmehr auf ihren Freundeskreis und eine damals vorhandene Sicherheit, die sie als alleinerziehende Mutter nun nicht mehr hat.
Sie sieht im Moment nicht die Bilder unserer gemeinsamen Zukunft, sondern eher die Probleme, die sich momentan stellen.
Für mich ist es eine schwierige Situation, da ich Sehnsucht habe und eine gefühlte Distanz wahrnehme.
Wie kann ich tun, wie verhalte ich mich?
Jan (43)

„Sie entfernt sich von mir
Anfangs war ich ihr Held, jetzt wendet sie sich von mir ab

Lieber Jan,
ich wüsste gern noch:
1) Was genau vermisst sie? (Falls Sie´s nicht genau wissen, fragen Sie sie nochmal!)
2) Welche Probleme genau sieht sie? Was befürchtet sie?
3) Wie macht sich die Distanz bemerkbar?
4) Wie oft sehen Sie sich? Wie verbringen Sie Ihre Zeit?
Bis bald, Beatrice

Liebe Beatrice,
danke für die Antwort. Hier die entsprechenden Infos:
1) Sie vermisst ihre Freunde, die zu einem großen Bekanntenkreis gehören – das sind Menschen, die sie seit fast 20 Jahren kennt. Sie hat nur dann frei, wenn die Kinder beim Vater sind, d.h. jeden Mittwoch sowie alle zwei Wochen Freitag und Samstag.
Da wir diese Tage meistens zusammen für uns alleine verbracht haben, hat meine Partnerin ihre Freunde immer seltener gesehen. Das war zunächst kein Problem – doch nun vermisst sie verständlicherweise ihr altes soziales Umfeld und mit anderen Menschen gemeinsam etwas zu unternehmen.

2) Sie hat im Moment die Befürchtung, dass ihr neues und ihr altes Leben nicht miteinander harmonieren – wahrscheinlich auch, dass ich keine tiefere Beziehung zu ihren Kindern aufbauen kann. Ich denke auch, dass
sie immer noch Gewissensbisse und Schuldgefühle ihren Kindern gegenüber in sich trägt, weil sie die Familie auseinandergerissen hat.

3) Die Distanz äußert sich so, dass wir uns nicht mehr so oft sehen. Ich glaube, es ist eine Phase der Verabschiedung ihres alten Lebens, die sie damals nicht vollziehen konnte. Das tut sicher weh und ich denke, dass sie deshalb im Moment nicht die Sehnsucht nach mir hat. Sie sagt, sie braucht Zeit für sich, sich damit auseinanderzusetzen.

4) Wir sehen uns jeden Mittwoch und an den Wochenenden. Im Moment allerdings nur einmal die Woche.
Wir sind öfter zu zweit ausgegangen (Essen gehen oder nur etwas Trinken gehen). Wir mögen das beide, haben das aber wohl zu lange gemacht. Wir (bzw. ich) haben nicht gemerkt, dass wir auch Gesellschaft
brauchen.
Mit den Kindern machen wir Spaziergänge oder unternehmen irgend etwas.
LG, Jan

Lieber Jan,
ich vermute, Punkt 1 ist, Ihre Freundin langweilt sich allmählich in der Beziehung, Punkt 2 ist, Sie fügen sich zu wenig in das Leben Ihrer Freundin ein, haben auch ein bisschen zu wenig darauf geachtet, was für SIE spannend ist. Daher denke ich, wenn Sie nicht wollen, dass sie sich noch mehr entfernt, sondern eine realistische gemeinsame Zukunft aufbauen wollen, müssen Sie liebevoll mit ihr verhandeln, wie Sie sich noch stärker in ihr Leben und ihr Umfeld integrieren können (und natürlich müssen auch Sie selbst dazu bereit sein).
Das heißt z.B.:
• Dass Sie sie noch öfter an den Tagen treffen, wenn sie die Kinder hat.
• Dass Sie sich noch ein bisschen mehr mit den Kindern beschäftigen (die können ja durchaus auch eine Bereicherung für Sie darstellen!) – außerdem gehen die Kids ja vermutlich früher zu Bett als Sie beide, dann haben Sie abends noch zwei drei Stunden für sich als Paar.
• Dass Sie Ihre Freundin bitten, Sie öfter in ihre Freundeskreise mitzunehmen, und ihren Freunden wohlwollend begegnen. Und sie auch in Ihre Kreise einführen. Immerhin sind Sie schon 2 ½ Jahre ein Paar und wollen irgendwann heiraten – da ist es ja normal und wünschenswert, dass man vielfach am Umfeld des anderen partizipiert.
• Dass Sie beide ihre gemeinsamen Stunden noch besser planen und gestalten, sodass es sich für beide richtig schön anfühlt. Ist zum Beispiel das Körperliche zwischen Ihnen (Zärtlichkeit, Sex, Kuscheln) für beide richtig erfüllend? Reden Sie darüber? Wenn nein, dann tun Sie es.
Ihnen fällt bestimmt auch noch etwas ein.

Herzliche Grüße
Beatrice Poschenrieder

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