
Hallo Beatrice,
es geht um meinen 24jährigen Freund. Wir leben seit ca. 2 Jahren zusammen und sind seit knapp 4 Jahren zusammen. Unsere Beziehung lief bisher sehr gut, hin und wieder tauchten kleinere Streitigkeiten auf, aber das war es dann auch, ist ja auch normal. Seit eingen Monaten sind wir von morgens bis abends den ganzen Tag zusammen (da er seinen Job verlor, ist er ständig Zuhause; ich bin Studentin und auch viel zuhaus). Die letzten Wochen sind so verlaufen, dass wir fast jeden Tag gestritten haben.
Es ging dabei um völlig konventionelle Sachen, über die wir uns früher nie gestritten hätten. Jede Diskussion eskaliert zu einem Disput. Er hockt den ganzen Tag vor seinem PC, ich im anderen Zimmer vor dem Fernseher, kommuniziert wird nur, wenn es sein muss. Ich komme mit dieser Konstellation einfach nicht mehr klar, dauernd plagt mich ein trübes Gefühl, habe mit Übelkeit zu kämpfen. Obwohl ich ihn sehr lieb habe und er mich auch, weiß ich nicht mehr weiter. Dieses Dilemma treibt mich noch in den Wahnsinn! Können Sie mir einen Ratschlag geben? Bin total hilfos und verzweifelt.
Über eine Antwort wäre ich Ihnen wirklich von Herzen dankbar
Ashley (23)
Liebe Ashley,
ständige Streitereien sind entweder ein Zeichen, dass man sich nicht mehr liebt, oder dass es um etwas Grundsätzliches geht, was hinter den Streits steckt. Meist sind das entweder Bedürfnisse (z.B. nach mehr Freiheit oder Nähe), Frustrationen (also enttäuschte Erwartungen bzw. Versprechungen) oder Ängste (z.B. dass der andere einen nicht mehr wirklich liebt oder nicht respektiert, und deswegen macht er dies und jenes…) oder natürlich auch alles zusammen.
Und geht man noch tiefer auf den Grund, stößt man am Ende meistens nur noch auf Ängste (etwa, verlassen zu werden; oder dass man seine Zeit und Gefühle eventuell an den Falschen verschwendet).
Findet heraus, worum es eigentlich geht.
Was hat sich in eurem Innenleben und eurer Beziehung wirklich verändert, seit er arbeitslos ist? Und war das der einzige Auslöser oder gibt es noch andere? Erwartet der eine etwas vom andern, was dieser nicht einhält? Wenn ja, warum nicht? Aus Unfähigkeit? Oder aus Trotz?
Bitte auch ihn, sich darüber Gedanken zu machen; dann setzt euch hin zu einem langen Gespräch und redet Klartext.
Ferner kannst du ihn darin mit kurzen (!), freundlichen Worten bitten, dass er eine Arbeit finden und annehmen soll, auch wenn es nur eine vorübergehende ist. Zeitarbeit ist da oft eine gute Übergangslösung. Der Verdienst ist zwar nicht so doll, aber man hat wieder was zu tun, fühlt sich nützlich und es ist für sehr viele Leute der Wiedereinstieg in einen richtigen Job, weil sie von einer der Firmen übernommen werden, für die sie arbeiten.
Außerdem solltet ihr dringend wieder mehr miteinander unternehmen. Er vorm PC, du vor der Glotze, was soll das? Fällt euch nichts Besseres ein? Wenn nein, warum nicht? (Bitte nicht “kein Geld” sagen; es gibt genug Unternehmungen, die nichts oder wenig kosten).
Was ihr auch erwägen solltet: dass ihr wieder getrennte Wohnungen bezieht, damit ihr euch wieder gezielt verabredet, was zusammen macht und euch schätzen lernt. Das ist finanziell sicher nicht einfach, aber immerhin gibt´s jede Menge Studenten/innen und Arbeitslose mit eigenen Wohnungen.
Herzlichst
Beatrice Poschenrieder