Er hat Sex mit sich selbst statt mit mir

Mein Mann onaniert täglich, oft mit Porno, hat also durchaus Interesse an Sex. Scheinbar hat er mehr Lust auf Selbstbefriedigung als auf mich

Sehr geehrte Beatrice,
mein Mann, 38, befriedigt sich sehr oft (ich denke täglich) selber. Irgendwie stört mich das. Darüberhinaus schaut er sich auch oft pornographische Bilder im PC an (auch das macht er ohne mein Wissen). Habe bereits versucht, mit ihm darüber zu sprechen, er blockt aber leider total ab und sagt, das sei seine Privatsache. Ich glaube, mein Problem ist, dass er scheinbar mehr Lust darauf hat, sich selber zu befriedigen, als mit mir zu schlafen (dazu hat er vielleicht 1 Mal die Woche Lust und das auch fast immer nur auf meine Initiative hin) – was mir fast zu wenig ist und mich auch irgenwie trifft, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er ja durchaus großes Interesse an Sex hat. Woran liegt das? Sind es zwei ganz verschiedene Angelegenheiten?
Liebe Grüße, Lisa (38)

Er onaniert täglich und wir haben fast keinen Sex
Statt mit mir zu schlafen, holt er sich vor dem Compter einen runter!

Liebe Lisa,
ich sag mal „du“, okay? Ich hätte da noch Rückfragen:
1) Seit wann seid ihr zusammen?
2) Wie lief der Sex in den ersten paar Jahren?
3) Wie läuft eure Beziehung sonst so?
4) Woran könnte es liegen, dass er sich eher selbst befriedigt als mit dir zu schlafen? (Bitte auch selbstkritische Überlegungen! z.B.: Kriegt er bei dir den Sex, den DU magst, oder den Sex, den ER mag?)
5) Hast du ihn mal nach seinen wirklichen sexuellen Wünschen gefragt? Bzw. bist du die Frau, bei der er all seine Wünsche offen äußern könnte?
6) Seit wann besteht das oben genannte Problem?
Bis bald, Beatrice


Liebe Beatrice,
zu deinen Fragen.
1) Wir sind 13 Jahre zusammen, seit 10,5 Jahren verheiratet. Wir haben 2 Kids (7 und 9 Jahre).
2) Unsere Beziehung war von Anfang an eigentlich nicht sehr auf Sex bezogen. Wir waren eher immer sehr zärtlich zueinander und ich glaube, wir hatten nicht so wahnsinnig oft Verkehr. Mir war es auch nicht so wichtig.
Ich war auch eher ein Spätzünder und mein Mann hatte vorher auch nur eine feste Beziehung.
Zu den ersten paar Jahren ist noch zu sagen, dass wir immer sehr zielstrebig waren… als wir unseren ersten Sohn bekamen, hat mein Mann noch studiert und ich war selbständig. Wir haben uns dann Arbeit/Studieren 2 Jahre lang geteilt. Das war einerseits sehr schön, auf der anderen Seite aber auch sehr anstrengend, alles unter einen Hut zu bekommen. Nach dem Studium hat mein Mann sofort einen sehr anspruchsvollen Job bekommen und auch noch ein Studium nebenher gemacht. Da blieb für uns (inzwischen 2 Kids) nicht viel Zeit, da dieses Studium doch auch sehr zeitintensiv war. Um es kurz zu sagen, bis vor gut einem Jahr hat mein Mann sehr viel gearbeitet und gelernt.
Zudem war er etliche Jahre für eine ausländische Firma tätig. Das bedeutet, er war sehr oft im Ausland und ich mit den Kids allein zuhause. Jetzt kann ich eventuell verstehen, warum ich nicht immer alles mitbekommen habe (was ich auch völlig ok finde) und ich denke, dass mein Mann auch in der ganzen Zeit sich diese Bilder etc. angeschaut hat. Ich denke, es ist für ihn einfach Entspannung ohne viel Aufwand.
3) Ansonsten läuft unsere Beziehung jetzt sehr schön. Wenn ich JETZT sage, kommen wir ein wenig näher zum Kern, warum ich jetzt so empfindlich auf alles reagiere. Vor anderthalb Jahren hat sich mein Mann verliebt, Hals über Kopf in eine 20jährige Praktikantin. Zu der Zeit war er Chef seiner eigenen Company mit 40 Leuten und hatte große Probleme, da es eine Firma vom sogenannten Neuen Markt war. Das mit den Problemen muss ich auch schreiben, weil er mir nachher gesagt hat, er hätte zu dem Zeitpunkt, eben als er sich verliebt hat, nicht mehr gewusst, wo oben und unten ist (was ich gut nachvollziehen konnte). Das meint, er hat tatsächlich immer von morgens bis nachts gearbeitet und war ganz einfach am Ende der Kräfte. Um es kurz zu machen, ich bin damals aus allen Wolken gefallen, weil er für mich der treueste Mann überhaupt war und ich immer volles Vertrauen hatte (habe ich auch jetzt wieder).
Er hat mir dann auch versucht zu erklären, dass ich damit eigentlich gar nichts zu tun hatte und ich für ihn immer seine Frau war, die er auch liebt. Nur, unsere Beziehung bestand vorwiegend darin, viel zu arbeiten und das Haus und die Kinder gut zu managen. Jedenfalls hat mir diese Sache erstmal den Boden unter den Füßen weggezogen und ich habe das noch nicht ganz verkraftet. Das Gute an dieser Sache war eben, dass unser Sexleben wieder in Gang kam bzw. eine relativ große Rolle spielt, was wir auch sehr genießen und eben vorher nicht der Fall war.
Unsere Beziehung würde ich ansonsten als sehr respektvoll bezeichnen. Wir haben das Gefühl, zusammenzugehören und sind auch stolz und glücklich, das alles geschafft zu haben.
4) Ich denke, für ihn ist es sehr bequem, sich selbst zu befriedigen. Ich habe ja bereits versucht, mit ihm darüber zu sprechen. Mit meinem Mann kann man ansonsten super reden, ich meine, er hält auch Business-Vorträge und ist eher so ein Vorzeigemann, sieht sehr gut aus, ist sportlich, genug des Lobes… aber das ist der einzige Punkt, wo er abblockt. Er sagt, er habe das Gefühl, dass das seine Privatsache sei und dass auch dieses Verlangen (er hat gemeint, er würde seine Seele damit befriedigen, um es mir irgendwie verständlich zu machen warum) schon immer da gewesen sei und es mit mir nichts zu tun hat.
5) Ob er den Sex bekommt, den er mag? Ich glaube ja. Wir sind da beide sehr offen. Was vielleicht nicht ganz so klasse ist: dass er morgens die größte Lust hat und ich eher abends. Außerdem ist er oft einfach müde von seinem Job und da habe ich dann das Gefühl, dass er eher den einfacheren Weg geht…
Ich weiß leider trotzdem nicht ganz, warum mich seine Selbstbefriedigungsangelegenheiten doch so stören, und würde gern einen Weg finden, damit umzugehen…
6) Seit ca. anderthalb Jahren.
Lisa


Liebe Lisa,
du schreibst: „Ich weiß nicht ganz, warum mich seine Selbstbefriedigungsangelegenheiten doch so stören“, aber den Grund hast du ja in deiner ersten Mail schon angegeben: „Mein Problem ist, dass er scheinbar mehr Lust darauf hat, sich selber zu befriedigen, als mit mir zu schlafen … – was mir fast zuwenig ist und mich auch irgenwie trifft, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er ja durchaus großes Interesse an Sex hat.“
Das ist sehr verständlich und nachvollziehbar. Sehr viele Frauen haben dieses Dilemma, denn sie hätten gerne, dass sich die Lust und die sexuelle Energie des Partners überwiegend bis ganz auf sie bezieht. So bekommt frau das Gefühl, für ihn noch begehrenswert zu sein, und kriegt auch allgemein mehr Zuwendung von ihm, denn mit Sex ist ja in der Regel auch Nähe, Zärtlichkeit, Intimität verbunden. Wenn du dann entdeckst, dass er einen großen Teil seiner sexuellen Energie und seiner Zeit darauf verwendet, sich den Abbildungen fremder Frauen und sich selber zuzuwenden, das tut natürlich weh – speziell, wenn du dich selber etwas vernachlässigt fühlst. Ansonsten wär´s wahrscheinlich kein großes Problem.
Dazu kommt natürlich die Angst, dass er immer mehr Gefallen an fremden Frauen finden und sich von dir abwenden könnte (wie es ja schon einmal geschehen ist). An sich ist „einmal die Woche“ eine gute Quote für ein Paar, das schon 13 Jahre zusammen ist, zwei Kinder und viel Stress hat. Die meisten Paare mit diesen Voraussetzungen haben weniger Sex. Aber: Offenbar hattet ihr ja einige Jahre weniger als einmal die Woche, und jetzt wäre eine gute Zeit, wieder enger zusammenzufinden, auch in sexueller Hinsicht. Vor allem aus deiner Sicht.
Hingegen dein Mann hat sich in den letzten Jahren angewöhnt, den Hauptteil seines Triebes mit sich selber loszuwerden. Ich habe schon versucht, es mit einer meiner Fragen anzudeuten: Wenn du willst, dass er wieder mehr Lust auf dich hat, musst du ihm genau den Sex geben, den er mag. Das betrifft auch die Tageszeit. Aus welchen Gründen behagt dir die Nummer am Morgen nicht so, und gibt es Möglichkeiten, diese Gründe zu beseitigen? (Z.B. du bist noch zu verschlafen: evtl. etwas früher aufstehen, kurz einen Kaffee trinken, wieder zu ihm ins Bett schlüpfen.)
Die sexuelle Aktivität eines Paares richtet sich meist nach demjenigen, der weniger haben will. Von daher noch eine Idee: mal auszuprobieren, ob du nicht selbst ein wenig Gefallen an seinen Pornos finden kannst. Ihm anbieten, dass du dich ab und zu da gerne mal einklinken möchtest – in welcher Form auch immer. Du kannst einfach mit ihm zusammen die Bilder anschauen und kucken, was passiert. Wenn ihr beide Lust bekommt, könnt ihr euch während des Ansehens gegenseitig stimulieren, oder auch ins Schlafzimmer wechseln, oder auch euch nur von den Pornos inspirieren lassen und ein paar Szenen daraus beim nächsten Mal im Bett umsetzen, etc. Natürlich verlangt das viel Offenheit und Toleranz von deiner Seite. Zum Beispiel die Toleranz, dass dein Mann nicht nur dich begehrt. (Wobei man es ja auch als positiv werten kann, dass er andere Frauen nur ansieht, statt dich reell zu betrügen.)
Andererseits sind diese Bilder ja nur „Stimuli“, kleine Appetithappen zusätzlich zur „Hausmannskost“, genauso wie sich manche Frau neben ihrem Mann her auch einen Vibrator und andere Sextoys gönnt. Und ich weiß, dass viele Frauen, wenn sie sich denn mal offen drauf einlassen, auch von Pornos angetörnt werden. Vielleicht nicht von allen Pornos – das ist dann wieder gemeinsame Sache des Paares, sich auf Bilder und Videos zu einigen, die beiden gefallen. Am Anfang fühlt es sich ein bisschen seltsam an, zusammen mit Schatzi sowas anzusehen, aber wenn man was draus macht, was das gemeinsame Sexleben bereichert…

Noch eine Überlegung wäre: Männliche Sexualität ist stark übers Sehen geprägt, und die von deinem Mann allemal. Bietest du ihm noch das Bild einer sexy Frau? Vielleicht gäbe es auch in der Richtung Möglichkeiten, dass du etwas an dir änderst, um ihn wieder mehr anzuziehen. Ferner möchte ich dir mein Buch “Sex für Faule und Gestresste: So holen Sie mehr aus Ihrem Liebesleben – mit weniger Aufwand!” ans Herz legen. Darin gibt es nicht nur einen Teil für Paare, wie sie ohne große Kamasutra-Verrenkungen oder ähnliches ihr Sexleben aufpeppen können, sondern auch einen Extra-Teil für Frauen: Wie wir Frauen es hinkriegen können, unseren Partner so zu animieren, dass er sich beim Sex wieder viel stärker einbringt, mehr Lust hat, “gebefreudiger” ist.
Liebe Grüße
Beatrice Poschenrieder

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