Beziehung gut, Sex gut, aber mir viel zu wenig. Ich brauche mehr Befriedigung!

Liebe Beatrice,
ich (m) bin jetzt 39 und fühle mich meinem Sexualtrieb völlig ausgeliefert. Ich lebe in einer glücklichen Beziehung mit einem guten Sexleben. Wenn wir miteinander schlafen, ist es jedesmal neu und aufregend, obgleich wir seit 14 Jahren zusammen sind und auch ein Kind zusammen haben. Leider brauch ich mehr. Ich onaniere beinahe so oft wie als Teenager und bin auf der krampfhaften Suche nach sexueller Befriedigung. Meine Freundin möchte ich aber nicht bedrängen, weil ich glaube, dass die Qualität unseres Sexlebens mit der mäßigen Quantität zu tun hat. Das möchte ich nicht auf´s Spiel setzen. Wie kann ich Herr über meinen Trieb werden?
Markus (39)

Hi Markus,
bevor ich was dazu sage, hätte ich ein paar Rückfragen:
1) Wie oft habt ihr Sex?
2) Wer bestimmt die Häufigkeit? Allein deine Freundin?
3) Weiß sie, dass du gern öfter Sex mit ihr hättest?
4) Macht ihr der Sex mit dir IMMER Spaß? Wenn nein, warum nicht?
5) Seid ihr sehr oft zärtlich zueinander? Wenn nein, warum nicht?
6) Wie oft onanierst du?
7) „Bin auf der krampfhaften suche nach sexueller Befriedigung“ – was heißt das?
Bis bald, Beatrice

Hallo Beatrice,
hier die Antworten:
1) Wir haben regelmäßig Sex, aber nur ca. 2-3 mal je Monat.
2 + 4) Die Häufigkeit wird von der gemeinsamen Stimmung bestimmt. Wenn es für beide passt, dann machen wir es und ich finde es – wir finden es – immer schön. In letzter Zeit sind wir sogar regelrecht verblüfft, dass wir uns immer noch Neues zu bieten haben und uns überraschen können.
3) Ich habe mit ihr nicht darüber gesprochen, weil 7) ich mich zu einem Bordellbesucher entwickelt habe; das ist mir ehrlich gesagt etwas peinlich und darüber erschrecke ich mich selber auch oft, wenn ich sehe, wie es manchen Frauen aus dem Gewerbe geht. Mann erlebt teilweise sehr merkwürdige Situationen.
5) Im Alltag sind wir nur sehr selten zärtlich zueinander, die organisatorischen Kleinigkeiten banalisieren unser Leben zusehends. Außerdem bin ich oft mit den Gedanken bei meinem Job. Daher sicher selber nicht immer zugänglich.
6) Ich onaniere praktisch täglich. Meist auch, um meine beruflichen Spannungen irgendwie zu lösen – kommt mir jedenfalls so vor.
Bis bald, Markus

Lieber Markus,
erst mal muss ich dir was Unbequemes sagen:
Eure Sex-Häufigkeit ist für ein Paar, das schon so lange zusammen ist, ganz normal bis sogar gut. Mindestens die Hälfte der Paare, die über 10 Jahre zusammen sind, haben weniger Sex. Und: Die meisten Männer, die schon so lange in einer Paarbeziehung sind und eine gute Beziehung mit gutem Sex haben, sind mit der Häufigkeit zufrieden. Okay, ein bisschen mehr ginge schon, aber sie rennen nicht ins Puff und sie onanieren auch nicht so viel. Bei dir ist also noch etwas anderes im Spiel. Du deutest es selbst an: «Ich onaniere praktisch täglich. Meist auch, um meine beruflichen Spannungen irgendwie zu lösen».
Innere Anspannung ist fast immer mit im Spiel, wenn jemand einen gesteigerten Sexdrang hat.
Wobei gegen tägliche Selbstbefriedigung noch nicht viel einzuwenden ist. Deiner Freundin tut´s nicht weh, und falls es dich zum Teil davon abhält, ins Bordell zu gehen, ist das ja auch schon mal ein positiver Aspekt. An sich finde ich es auch nicht verdammenswert, ab und zu ins Bordell zu gehen. Aber mir scheint, du möchtest davon Abstand nehmen. Denn erstens nimmt es bei dir schon sucht-artige Züge an (und das ist nie gut), zweitens gefährdest du damit deine gute Beziehung. Also musst du einen Weg finden, davon wegzukommen. Einer der Wege ist, dass du dir andere Methoden suchst und aneignest, um deine inneren Spannungen zu mindern! Und damit meine ich weder Beruhigungsmittel noch Alkohol!
Die Frage ist außerdem, was geben dir die Bordellbesuche, was du zuhause nicht kriegst? Geht es nur um die Häufigkeit? Oder geht es auch um etwas anderes, wie Zuwendung, Bestätigung, eine bestimmte Form von Sex o.ä. Und dann stellt sich wiederum die Frage, ob du das nicht auch von deiner Freundin kriegen kannst.
Du schreibst: “Im Alltag sind wir nur sehr selten zärtlich zueinander, die organisatorischen Kleinigkeiten banalisieren unser leben zusehens. Außerdem bin ich oft mit den Gedanken bei meinem Job. Daher sicher selber nicht immer zugänglich.“
Wie wär´s, wenn du die Zeit, die Energie und das Geld, die du jetzt ins Bordell (und z.T. auch ins Onanieren usw.) investierst, in deine Beziehung steckst? Zum Beispiel dir mehr Zeit nimmst, um mit deiner Freundin zu schmusen, schöne Dinge zu unternehmen, ihr eine Freude zu machen? Und zugleich auch – mit ihr zusammen – Lösungen entwickelst, wie ihr die “organisatorischen Kleinigkeiten“ besser in den Griff bekommt? (etwa ein Kindermädchen und/oder eine Haushaltshilfe organisieren etc.)
Du sagst, du redest nicht mit deiner Freundin über deine Gelüste. Aber vielleicht empfindet sie teilweise ganz ähnlich wie du? Überleg auch mal, was dich davon abhält, mit ihr zu reden. Du schriebst in der ersten Mail: “Meine Freundin möchte ich aber nicht bedrängen, weil ich glaube, dass die Qualität unseres Sexlebens mit der mäßigen Quantität zu tun hat. Das möchte ich nicht auf´s Spiel setzten.“
Erstens musst du sie nicht bedrängen. Du kannst es auch so formulieren, dass sie sich nicht bedrängt fühlt. Leg dir die Worte vorher zurecht. Zweitens muss es keineswegs so sein, dass die Qualität eures Sexlebens mit der mäßigen Quantität zu tun hat. Das ist auch eine Frage des Einsatzes, der Kreativität, der Phantasie, des offenen Austausches usw. Es gibt extrem viele Möglichkeiten, Spannung und Abwechslung in sein Liebesleben zu bringen; die nenne ich zum Beispiel in meinem Buch «Sex für Faule und Gestresste: So holen Sie mehr aus Ihrem Liebesleben – mit weniger Aufwand!».
Abgesehen davon muss es ja nicht immer super-aufregend und aufwändig sein – oft tut´s ja auch eine ganz kleine, nette, zärtliche Nummer – auch hierzu liefert mein eben genanntes Buch mehr Infos.
Zweitens, du setzt deine Beziehung und dein gutes Sexleben mit ihr eher durch dein jetziges Verhalten aufs Spiel, vor allem durch die Bordellbesuche. Von denen darfst du ihr übrigens auf keinen Fall erzählen! Vom häufigen Onanieren vielleicht auch erst mal nicht.
Viele Grüße
Beatrice Poschenrieder

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