Mein Freund hat überhaupt keine Lust, Sex interessiert ihn nicht

Unsere Beziehung ist liebevoll, aber er will keinen Sex mehr. Nicht mal wenn ich meine schönen Beine in Netzstrümpfen zeige, kriegt er Lust

Mein Freund hat nie Lust, er kann mit Sex nichts anfangen

Hallo Beatrice!
Seit knapp 3 Jahren führe ich (43) eine äußerst liebevolle Beziehung, die geprägt ist von gegenseitigem Respekt, Achtung und Fürsorge. Allerdings gibt es ein Thema bei uns: der Sex. Mein Partner (44) hatte von Anfang an nicht das selbe Interesse daran wie ich. Er braucht es irgendwie wesentlich weniger, hat auch vor unserer Beziehung jahrelang völlig ohne Sex gelebt.
Jedenfalls wurde im Laufe der Zeit aus „wenig“ (alle 2-3 Wochen mal) gar nichts. Seit inzwischen 15 Monaten findet bei uns absolut keinerlei sexuelle Annäherung mehr statt. Nachdem meine letzten Verführungsversuche entweder in einem 2-Minuten-Quickie endeten oder aber überhaupt keine Reaktionen (und somit für mich Ablehnung) brachten, ließ ich meine Bemühungen dann irgendwann sein.

Von seiner Seite kommt überhaupt nichts, obwohl er mir immer wieder versichert, dass er mich liebt und anziehend findet.
Da er auch keine Selbstbefriedigung betreibt, liegt der Schluss nahe, dass er an Impotenz leidet. Naja, was heißt leidet? Irgendwie scheint ihn das gar nicht zu belasten. Und trotz seines mehrfach gegebenen Versprechens, einmal mit einem Arzt darüber zu reden, ist das bis heute nicht geschehen.
Ich bin nun sehr unsicher, was ich tun soll. Wenn ich wieder versuche, ihn zu verführen, könnte das sehr frustrierend enden. Setze ich ihn unter Druck mit der dringenden Bitte, sich einem Arzt anzuvertrauen, verschließt er sich vielleicht noch mehr. Er ist ohnehin ein eher introvertierter Mensch. Tu ich aber gar nichts, wird alles so weitergehen. Womöglich treibt mich das dann letztendlich in ein Verhältnis?
Ich weiß mir keinen Rat mehr. Mir fehlt der sexuelle Kontakt sehr, da ich früher (auch in Single-Zeiten) sehr aktiv war.
Uta (43)
 

Liebe Uta,
ich hätte noch ein paar Fragen an dich.
1) Hast du ihn mal ganz offen gefragt, warum er nicht mit dir schläft? Oder warum er keine Lust hat? Und wie das bei deinen Vorgängerinnen war? Wenn ja, was sagte er da?
2) Bitte sag mir, was du alles versucht hast, um ihn zum Sex zu bewegen, und wie er jeweils darauf reagiert hat.
3) Wie war euer Sex, als ihr noch welchen hattet?
4) Ist er oft und viel zärtlich zu dir?
5) Wie läuft eure Beziehung sonst so?
6) Bist du sicher, dass er dich liebt? Wenn ja, woran machst du das fest?
7) Hat er Erektionsprobleme? Und bekommt er manchmal unwillkürliche Erektionen (z.B. im Schlaf)?
LG, Beatrice
 

Hallo Beatrice,
erst mal vielen Dank für Deine Antwort!

1) Ihn mal ganz offen gefragt, warum er nicht mit mir schläft:
Ja, das habe ich! Und zwar mehrfach. Er sagt, er hätte einfach kein Bedürfnis danach. Es läge ganz bestimmt nicht an mir. Zeitweilig glaubten wir, es läge an seinem Job. Er arbeitete in einer Lackfabrik und war seit Jahren täglich Lösungsmitteldämpfen ausgesetzt.
Aber dort ist er nun schon seit einem ganzen Jahr nicht mehr. Und ich denke, sein Körper hatte Gelegenheit, sich zumindest teilweise von dieser Belastung zu erholen.

Vorgängerinnen gab es meines Wissens gerade mal zwei. Es waren Beziehungen, die jeweils nicht länger als 2 Jahre gehalten haben. Er sagt, dass auch da der Sex eher nebensächlich war bzw. gar nicht stattgefunden hat. Als Grund führte er das insgesamt lieblose Verhalten seiner Partnerinnen an. Er fühlte sich ausgenutzt und am Ende abgeschossen.

2) Was ich alles versucht habe, um ihn zum Sex zu bewegen:
Zum einen haben wir darüber gesprochen. Ausführlich! So liebevoll und taktvoll wie nur irgend möglich. Und es war mir immer ein Anliegen, die Sache nicht zu hochzuspielen. Ich wollte vermeiden, dass er sich unter Druck gesetzt fühlt. Ich hab sehr schnell kapiert, dass ich ihn mit zu forschem Vorgehen eher erschrecken würde. Dann hab ich meine weiblichen Tricks benutzt: sexy Outfit, ankuscheln, langsam anheizen, usw. Wie gesagt, alles immer ganz liebevoll und vorsichtig.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in der Anfangszeit meinen ersten Orgasmus hatte (den er mir mit der Hand verschafft hatte – wenn wir Geschlechtsverkehr hatten, bekam ich nie einen). Ich genoss es sehr, es war ja eine Erlösung für mich. Er erschrak regelrecht, hielt in seinem Tun inne und fragte, ob es mir gutginge oder ob mir was wehtäte. Du kannst Dir sicher vorstellen, wie geschockt ich war.

3) Wie war der Sex, als wir noch welchen hatten?
Tja, siehe oben. Sehr zärtlich zwar, er bekam auch jedesmal eine Erektion, aber letztlich kam er schon nach wenigen Sekunden (hin und wieder konnte es auch mal 2-3 min. dauern), und das war´s dann auch. Da fing ich eigentlich erst an, heiß zu werden. Und blieb so meistens unbefriedigt zurück. Danach hatte er dann jedesmal einen wunden Penis, was ihm tagelang wehtat. In diesem Zusammenhang möchte ich aber erwähnen, dass ich ausreichend feucht war, so dass er sich eigentlich nicht wundreiben konnte. In der Kürze der Zeit sowieso nicht.
In einem unserer Gespräche fragte ich ihn, wie das denn wäre, wenn er sich selbst befriedigt. Er war schockiert! Sowas tue er nicht und das sei nicht notwendig! Später kam ich dann einmal darauf zurück und machte ihm den Vorschlag, es doch mal zu probieren. Er könnte dabei seine eigene Sexualität erforschen, sich selber besser kennenlernen und sozusagen den Geschlechtsverkehr trainieren. Das Thema ist ihm sichtlich unangenehm und ich glaube, er hat es bis heute nicht einmal versucht.

4) Ist er oft und viel zärtlich zu mir?
Ja, wie ein altes Ehepaar zärtlich miteinander ist. Er küsst mich, wie man eine Schwester küsst. Mit Zunge ist überhaupt nicht! Das konnte ich ihm bisher noch nicht abringen. Sein Argument: “Ich kenne sowas nicht und es ist mir unangenehm.”

5) Wie läuft die Beziehung sonst so?
Ansonsten kann ich mich 150%ig auf ihn verlassen! Er ist respektvoll und fürsorglich und manchmal direkt ritterlich. Er würde mich im Zweifelsfalle gegen jedweden Angriff beschützen!

6) Bin ich sicher, dass er mich liebt?
Gute Frage! Ich bin sicher, dass er mich liebt, wegen seines allgemeinen Verhaltens. Die Frage ist vielmehr, ob er mich auch begehrt! Und dann – differenzierter – ob er überhaupt ein Begehren fühlen kann, unabhängig davon, ob es sich um mich oder eine andere Frau handelt.

7) Hat er Erektionsprobleme?
Ja, ich glaube, er hat ausgeprägte Erektionsprobleme. Denn ich habe noch niemals bei ihm eine Morgenerektion oder ähnliches feststellen können. Er reagiert auch nicht auf visuelle Reize wie z.B. den Anblick einer erotischen Szene in einem Film oder so. Das ist ihm völlig egal! Er sagt das, und das ist absolut glaubwürdig. Bei einem Stadtbummel z.B. hab ich ihn extra auf sehr attraktive Frauen aufmerksam gemacht. Ich wies auf ihre tolle Figur, den schönen großen Busen usw. hin. Ob Du´s glaubst oder nicht – er hatte diese Frauen nicht im mindesten bemerkt! „Ich hab doch Dich, da schau ich mir keine anderen Frauen an.“

Ich bin gespannt, wie Du diese Situation einschätzt. Ich selber bin ratlos.
Uta
 

Liebe Uta,
ich hab nochmal ne Frage. Du schreibst, er käme sehr schnell und nach dem Verkehr „hatte er dann jedesmal einen wunden Penis, was ihm tagelang wehtat“. Beides könnte ein Hinweis auf eine Vorhaut-Verengung sein, die den Sex und sogar jede Erektion schmerzhaft macht, was eine plausible Erklärung für seine Lustlosigkeit wäre. Vorhaut-Verengungen kann man aber oft nur am erigierten Penis erkennen. Ist dir da schon mal was aufgefallen?

Ferner wüsste ich gern: Stört es ihn nicht zu wissen, dass du den Sex (sowie alle innigeren körperlichen Aktionen) schmerzlich vermisst?
Herzlichst, Beatrice
 

Hallo Beatrice!
Eine Vorhautverengung hat er ganz sicher nicht. Die hatte er wohl in jungen Jahren gehabt und daraufhin wurde er auch operiert/beschnitten.

„Stört es ihn nicht zu wissen, dass du den Sex (sowie alle innigeren körp. Aktionen) schmerzlich vermisst?“
Tja, irgendwie schon… Wenn das Thema nach langem Schweigen dann doch mal wieder auf den Tisch kommt, dann ist es ihm sehr unangenehm und er läuft rum wie das schlechte Gewissen persönlich. Trotzdem hat ihn das bisher nicht dazu bewogen, eine Änderung herbeizuführen bzw. sich fachliche Hilfe zu holen. Wie gesagt, der Leidensdruck scheint für ihn persönlich nicht groß genug zu sein. Und ich muss alleine zusehen, wie ich klarkomme.
Liebe Grüsse, Uta
 

Liebe Uta,
ich muss dir leider sagen: Ohne fachliche Hilfe wird seine Sexualität nicht auf die Sprünge kommen. Und das auch nur, wenn er es von sich aus will. Aber wie kriegst du ihn dazu? Ich denke, nur durch eine Art „Schocktherapie“. Nämlich indem du ernsthaft mit ihm drüber redest, dass das so nicht weitergehen kann. Dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die sich mit einer sexlosen Beziehung abfinden können, und du gehörst nicht dazu. Dass du also drei Optionen hast: erstens, dir nebenher einen Liebhaber zulegen. Zweitens, ihn verlassen. Drittens, er macht eine Sexualtherapie.
Im Prinzip ist ja nicht nur seine Lust therapiebedürftig, sondern auch seine Art von Sexualität. Vorzeitige Ejakulation, Erektionsprobleme, Ablehnung von Selbstbefriedigung, Schmerzen nach dem Verkehr, nicht mal richtig schmusen will er mit dir. (Das wäre für mich eigentlich am schlimmsten. Ich schätze, das innige Schmusen und die Lust am Schmusen muss er auch erst mal lernen, oder?) Das klingt alles sehr seltsam. Als ob er ein sehr verklemmter, sexualfeindlicher, völlig unerfahrener 14jähriger wäre. Wobei die meisten 14- oder 15jährigen, die mir schreiben, mehr Erfahrung und Spaß am Sex haben als er.
Oh je, Uta, was für ein Dilemma. Da findet man einen, der lieb ist und gut passt, aber der Sex ist so mies bzw. nicht mehr vorhanden. Die Frage ist jetzt halt, ob du o.g. Schocktherapie anwenden willst. Immerhin hast du dann ein gewisses Risiko, ihn zu verlieren. Auf der anderen Seite: Könntest du dir vorstellen, auch noch die nächsten 20, 30 Jahre mit ihm ohne Sex zu verbringen? Nein? Dann musst du das Risiko eingehen. Oder dir einen Liebhaber zulegen. Was, falls er´s rauskriegt, auf das selbe Risiko rausläuft.
Ich denke, wenn er dich wirklich liebt, dann wird die Aussicht, dich zu verlieren, falls er nicht was an seiner Sexualität ändert, ihn aufrütteln. Möglicherweise musst du ihn dafür tatsächlich erst mal verlassen. Viele Männer kapieren erst dann, was sie tun müssen, um die Frau zurückzugewinnen.

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Alles Gute
Beatrice Poschenrieder

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